Skip to main content
vom Mi., 21.08.2019

Musikalisches Friedensprojekt

HfMT-Jazzer reisten in die Dominikanische Republik
"Welcome to Hamburg" (Jazz-Austauschprogramm der HfMT mit Partnerhochschule in Santo Domingo) Image: Christina Körte / HfMT

Die Rhythmen des Salsa in lauen karibischen Nächten genießen und gleichzeitig neue Erfahrungen für das Musikstudium sammeln – der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) macht‘s möglich. Auf Initiative des US-Pianisten und Arrangeurs Corey Allen – der unter anderem mit dem weltberühmten Ensemble Manhattan Transfer zusammenarbeitete – hat sich zwischen der Jazz-Abteilung der HfMT und einer Partnerhochschule in Santo Domingo ein bilaterales Austauschprogramm von jährlich drei Studierenden und zwei Lehrenden entwickelt. Die finanziellen Grundlagen werden durch das DAAD-Austauschprogramm Internationale Studien-und Austauschpartnerschaften (ISAP) gewährleistet.

Von wegen Cocktails am Strand – Die Universität von Santo Domingo bietet eins der fortschrittlichsten Jazz- und Pop-Departments in Lateinamerika

Anfang 2018 hatte die HfMT den Zuschlag für einen Förderungszeitraum von zunächst zwei Jahren erhalten – mit Option auf weitere zwei Jahre. Neben Bachelor-Studierenden im künstlerischen Studiengang Jazz werden ausdrücklich auch Studierende im Schulmusik-Studiengang aufgefordert, sich für das Programm zu bewerben. Dazu zählte im vergangenen Jahr Niklas Nieschlag, der Schulmusik Schlagzeug im 4. Semester studiert. Gemeinsam mit Jazz-Basser Timon Krämer und dem Gitarristen Lasha Deisadze waren die drei Studenten die ersten Stipendiaten, die von Anfang September bis kurz vor Weihnachten 2018 nach Santo Domingo reisten. „Im Bekanntenkreis kam oft die Assoziation von Cocktails am Strand auf“, wenn ich von der bevorstehenden Reise berichtete“, so Niklas. „Das änderte sich, als wir nähere Informationen über die Hochschule erhielten.“
Wolf Kerschek konnte sich bereits vor Ort von der Qualität der Ausbildungsstätte überzeugen. Der Leiter des Fachbereichs Jazz an der HfMT stellt fest: „Die 1966 gegründete La Universidad Nacional Pedro Henríques Ureña (UNPHU) besitzt eins der fortschrittlichsten Jazz- und Pop-Departments in Lateinamerika. Besonders die technische Ausstattung und das breit gefächerte Curriculum an der UNPHU suchen in Lateinamerika ihresgleichen. Selbst im Vergleich zu deutschen Musikhochschulen sticht die technische Ausstattung der UNPHU deutlich heraus.“ Die Erwartungen waren somit entsprechend hoch, als Niklas und Timon Anfang des vergangenen Semesters in die Dominikanische Republik flogen. Das Budget der beiden betrug rund 1.000 Euro im Monat, dazu kam eine Pauschale für Flugkosten und Sprachkurse. Untergebracht waren sie im Haus des Schlagzeug-Lehrers von Niklas. Hier gab es auch einen Proberaum, der bis in den späten Abend genutzt werden konnte.

Neue Blickwinkel und Horizonte – Über die kreativitätsanregende Kraft eines Auslandssemesters

Für Timon waren bereits die ersten Eindrücke nach der Ankunft überwältigend. „Bisher bin ich nur in Europa gereist und habe dabei nie mehr als zwei Wochen Urlaub verbracht. Und nun dies! Das Land ist so anders als das, was ich gewohnt war, dass es fast unmöglich war, es nicht als schön oder zumindest interessant wahrzunehmen, selbst wenn es sich um den unfassbar chaotischen Autoverkehr oder die allgegenwärtige Armut handelte. Man entwickelt sehr schnell einen anderen Blickwinkel auf das Leben, selbst wenn es sich um in einem selbst vorhandene Strukturen oder Muster aus Deutschland handelt.“
Mit zwei Dingen kamen jedoch beide bis zum Ende ihres Aufenthaltes nicht klar: mit der teils vorhandenen Desorganisation des Hochschulbetriebs und einer für deutsche Verhältnisse schier unglaublichen Unpünktlichkeit. „Täglich konnte man damit rechnen, dass der Unterricht erst mit erheblicher Verspätung beginnen würde, weil sowohl Studierende wie Dozenten sich nicht an die Zeiten hielten. Das galt auch für Probentermine und sogar Konzerte“, so Niklas. Dennoch zieht er ein mehr als positives Fazit: „Der Austausch hat mich in jeder Hinsicht weitergebracht. Ich hatte in meiner musikalischen Laufbahn noch keine Phase, die mich so sehr geprägt hat, wie die Zeit in Santo Domingo. Es ist für mich jetzt vorstellbar, in anderen Ländern zu leben, zu lernen und vielleicht sogar zu unterrichten.“ Timon kann dies nur bestätigen: „Ich habe immer selbst Musik geschrieben, aber nicht so intensiv wie in meinem Auslandssemester: Die ganze Reise bot die Möglichkeit, deine Kreativität anzuregen und dich über dich hinauswachsen zu lassen. Das Niveau des Inputs, das du bekommst, ist enorm.“ Und dann ist da noch ein Aspekt, den beide nicht unerwähnt lassen wollen: „Timon und ich haben uns vor diesem Interview kurz unterhalten, wie wir all das Vielfältige dieses Austauschprojektes auf einen Nenner bringen könnten. Wir beide finden, dass ‚Friedensprojekt‘ ein sehr passender Begriff ist.“
TEXT DIETER HELLFEUER
FOTO: TIMON KRÄMER UND NIKLAS NIESCHLAG CHRISTINA KÖRTE

zurück