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vom Fr., 21.12.2018

„Dieser Spirit wird weitergereicht“

Cornelius Trantow über die Kunst der Chorleitung und die Stimme als Mittler der Seele
Der preisgekrönte Kammerchor der HfMT unter Leitung von Cornelius Trantow Image: Christina Körte / HfMT

Den 12. Mai 2018 dürften Prof Cornelius Trantow und der von ihm geleitete Kammerchor der Hochschule für Musik und Theater Hamburg noch sehr lange in Erinnerung behalten. Eine Woche zuvor waren rund 5.000 Sängerinnen und Sänger aus 116 Chorformationen in Freiburg im Breisgau angetreten, um sich bei dem vom Deutschen Musikrat alle vier Jahre ausgerichteten größten deutschen Wettbewerb für Chöre aus dem Amateurbereich zu messen. Als der HfMT-Kammerchor an diesem 12. Mai kurz vor Mittag das Ergebnis des Wettbewerbs erfuhr, war die Begeisterung der Hamburger kaum zu übertreffen: Mit der höchsten im Wettbewerb vergebenen Note wurde der HfMT-Kammerchor als Sieger der Kategorie „Gemischte Chöre“ ausgezeichnet.

„Bei diesem Wettbewerb sind wir alle über uns hinausgewachsen und hatten sowohl die Lust wie auch den Willen, unsere eigenen Grenzen zu erweitern“, so Cornelius Trantow, der seit 1999 als Professor für Chorleitung an der HfMT tätig ist. Mit dem zum Wintersemester 2013 aus Studierenden der HfMT gegründeten Kammerchor nahm er vergangenes Jahr am Landeschorwettbewerb „Choralle“ in Hamburg mit hervorragendem Erfolg teil und erhielt damit die Eintrittskarte zum Deutschen Chorwettbewerb 2018 in Freiburg. „Den Ersten Preis in einem so bedeutenden Wettbewerb gewonnen zu haben, ist schon ein tolles Gefühl. Was aber noch wichtiger ist: Dieser Erfolg hat eine nachhaltige Wirkung, wir sind stimmlich und ausdrucksmäßig besser als vorher. Und ich bin überzeugt, dass dieses höhere Niveau, dieser neue Spirit, auch an die zukünftigen Besetzungen unseres Chores weitergereicht wird, vergleichbar einem Perpetuum Mobile. Im Hochschulchor wird von den jetzigen Studierenden in vier Jahren in Freiburg niemand mehr dabei sein.“

Die Chormitglieder haben sich durch ein Vorsingen für den Chor qualifiziert. Neben der Möglichkeit, auf hohem Niveau Chormusik zu erarbeiten, dient der Chor auch als Ausbildungsensemble für Studierende, die die dafür erforderlichen Kenntnisse erst noch erwerben wollen. So wird intensiv an Stimmbildung, Stilistik und Techniken des Ensemble-Singens gearbeitet. Darüber hinaus bietet der Chor den Hauptfach-Studierenden im Fach Chorleitung die Möglichkeit, selbst Proben durchzuführen und Teile von Konzerten zu leiten.

Auf die Frage angesprochen, was den Unterschied zwischen der Leitung eines Orchesters und eines Chores ausmacht, kann Cornelius Trantow auf seine langjährigen Erfahrungen als Chorleiter und Mitwirkender zahlreicher musikalischer Ensembles zurückblicken. „Ein Dirigent kann aufgrund der unterschiedlicher Orchesterinstrumente eine ganze Palette möglicher Klangfarben erzeugen. Mir steht dafür die Homogenität und auch die Textbezogenheit als Ausdrucksmittel zur Verfügung. Die menschliche Stimme hat ja eine Doppelfunktion: Einerseits ist sie wie auch jedes Instrument ein Tonerzeuger, gleichzeitig ist sie auch Mittler der Seele, dies in positiver wie negativer Hinsicht. Wenn es einem schlecht geht, ist dies zu hören, das lässt sich nicht durch Routine oder etwas anderes übertünchen.“

Was die Auswahl des Repertoires betrifft, geht es beim Kammerchor recht demokratisch zu. „Jeder der Lust hat, kann Vorschläge machen. Darüber hinaus haben wir einen aus etwa einem halben Dutzend Studierender zusammengesetzten Chor-Rat, der der sich sowohl um organisatorische Belange als auch um künstlerische Fragen kümmert.“

Die Auswahl an Stücken umfasst a-cappella-Werke aller Epochen. Auf seine persönlich „Lieblingsepoche“ in der Chorliteratur angesprochen, braucht Cornelius Trantow nicht lange zu überlegen. „Das ist eindeutig die zeitgenössische Musik. Diese hat ja oft den Ruf, zu sperrig oder avantgardistisch zu sein, Musik für Musiker, nicht für das Publikum. Das sehe ich anders. Als wir in Freiburg als letzter Chor mit einem zeitgenössischen und weitestgehend unbekannten Stück des finnischen Komponisten Jaakko Mäntyjärvi auftraten, wurde dies von den anderen Chören, der Jury und dem Publikum regelrecht gefeiert. Der Jury-Vorsitzende hat mich sogar gebeten, ihm die Noten zuzuschicken.“

Ob Barock, Romantik, Klassik oder Zeitgenössisches: Wer den HfMT-Kammerchor live erleben will, braucht darauf keine vier Jahre zu warten. „Im kommenden Februar zum Semesterende werden wir gemeinsam mit dem Hochschulorchester die Johannes-Passion aufführen. Diese Zusammenarbeit findet alle drei Semester statt und ich freue mich schon sehr darauf.“

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