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vom Di., 15.05.2018

„Durch den gegenseitigen Austausch profitieren“

Jazzsängerin Cleo Steinberger gönnt sich einen weiten Blick auf die Musik – und gewinnt mit ihrer Debut-CD den Preis der Deutschen Schallplattenkritik

Trotz ihres jungen Alters gehört sie inzwischen zu den aufregendsten Newcomern unter den jungen europäischen Sängerinnen im Bereich Jazz und Blues. Cleo Steinberger kam früh mit beiden Richtungen in Berührung. 1996 in Hamburg geboren, meldete ihre Mutter sie bereits als Kind bei einem Gospelchor an, durch ihren Vater, der die für den Mississippi-Blues typische Slide-Gitarre spielt, lernte sie auch diese Stilrichtung kennen. Cleos Liebe zur „schwarzen“ Musik des nordamerikanischen Südens wurde vertieft, als sie mit 15 Jahren mit ihrer Familie für ein halbes Jahr nach New Orleans zog, dem anschließend noch weitere Aufenthalte folgen sollten. In der Hochburg des traditionellen Jazz lernte sie weitere musikalische Einflüsse kennen und sammelte wertvolle Bühnenerfahrungen – in kleinen Clubs ebenso wie auf bedeutenden Festivals. Auf dem seit 1970 stattfindendem und längst legendärem New Orleans Jazz & Heritage Festival trat sie gar als erste deutsche Sängerin überhaupt auf.

Ken Norris entdeckt Cleos Talent schon früh

Der Entschluss, statt eines ebenso in Betracht gezogenen Medizinstudiums sich 2015 für Jazzgesang einzuschreiben, wurde entscheidend beeinflusst von Ken Norris, seit 2010 Professor für Jazzgesang an der HfMT. Sie war ihm erstmals bereits im Alter von acht Jahren bei einem Gospel-Workshop begegnet, was sich 2014 auf dem Hamburger Landeswettbewerb Jugend jazzt wiederholte, wo sie den 1. Preis gewann. Er konnte sie überzeugen, ihr großes musikalisches Talent an der HfMT zu vervollkommnen. Diese Entscheidung hat Cleo nicht bereut. „Mit knapp 50 Studierenden sind wir nur ein kleiner Fachbereich. Aber gerade die dadurch vorhandene Intimität, das Gefühl der Zusammengehörigkeit, gefällt mir. Wir alle sind zwar sehr individuell ausgerichtete Musiker, mit unterschiedlichen musikalischen Vorlieben, doch durch den Austausch von Ideen ebenso wie von Kritik profitieren wir immens voneinander – zumal es bei uns anders als in vielen anderen Musikhochschulen keine Trennung zwischen Instrumentalistinnen und Sängern gibt. Alles zusammen trägt zu einem inspirierenden und neuen Blick auf die Musik bei.“

Beeindruckende musikalische Partner und Preise

Das Interesse an stilistischer Vielfalt spiegelt sich auch in Cleos musikalischen Vorbildern wieder. Dazu gehören Klassiker des Jazzgesangs wie Ella Fitzgerald, Dinah Washington oder Sarah Vaughn ebenso wie musikalische Grenzen überschreitende Künstlerinnen wie die im Folkpop erfolgreiche Eva Cassidy oder Singer/Songwriterin Lianne LaHavas. Hierzu passt, dass Cleo Geige und Gitarre spielt und auch das Singer/Songwriter-Genre auslotet. „Ich halte mich ungern an einer Sache fest und gönne mir einen sehr weiten Blick auf die Musik. Ich denke, das spiegelt sich auch in meinen Bandprojekten wieder.“ Zu diesen Projekten zählt zuvorderst ihre Zusammenarbeit mit dem Jan Luley Trio, in deren Musik sich sämtliche Einflüsse der amerikanischen Musikgeschichte widerspiegeln. Und das mit mehr als beachtlichem Erfolg: Das im August 2017 veröffentlichte Debüt-Album "Let them Talk" wurde kurz darauf mit dem Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik in der Kategorie Jazz prämiert.

Auch die Zusammenarbeit mit dem im Blues, Jazz und Soul beheimateten Pianisten Günther Brackmann kommt Cleos stimmlicher Vielseitigkeit entgegen. Dessen improvisationsfreudige Art und die Fähigkeit der spontanen gemeinsamen Kommunikation mit Cleo machen jedes Konzert zu einem spannenden Ereignis. Last but not least ist da noch das Duo CLEO & David Grabowski, eine Huldigung an die Jazzlegenden Ella Fitzgerald und Joe Pass, die in dieser Besetzung zwischen 1973 und 1986 auf vier Studioalben Jazzstandards auf zeitlos eindringliche und sensible Weise interpretierten.

„Mit und von der Musik leben“

In punkto Studium hat Cleo gegenwärtig eine Pause eingelegt, um sich auf ihre Live-Auftritte zu konzentrieren. So stehen unter anderem zwei Konzerttourneen durch die Schweiz an. Wer ihre mitreißende Performance in Hamburg live erleben will, hat dazu am 29. April im Theater im Zimmer Gelegenheit, wo Cleo bereits im vergangenen Jahr regelmäßig auftrat. Weitere Termine finden sich auf ihrer Homepage unter www.cleojazz.com. Im Oktober 2019 möchte Cleo ihr Studium abgeschlossen haben. Wie es dann weitergeht, lässt Cleo auf sich zukommen. „In der Welt, in der wir heutzutage leben, gibt es keine absolute Sicherheit, was Beruf und Karriere betrifft. Was ich hier und heute weiß: Meine ganze Leidenschaft gilt der Musik, und natürlich werde ich alles daran setzen, mit und von ihr zu leben.“

Quelle: HfMT-Hochschulzeitung „zwoelf“ Nr. 22

Text: Dieter Hellfeuer

Foto: Christina Körte

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