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vom Mo., 18.06.2018

Körper · Konzepte · Konstruktionen

›Sex‹ und ›Gender‹ im Neue-Musik-Diskurs von der Gegenwart bis in die 1950er Jahre. Internationales Symposium, 6. bis 8. Juli 2018

Die 2016 veröffentlichte Studie des deutschen Kulturrats machte die längst sichtbare Ungleichverteilung der Geschlechter im Kultur- und Medienbereich offiziell, die auch und insbesondere die Szene der Neuen Musik betrifft. Hier spielten Frauen über Jahrzehnte kaum – oder in erster Linie als ausübende Künstlerinnen und Performerinnen, nicht aber als Komponistinnen – eine nennenswerte Rolle. Durch die Studie angestoßen oder zufällig zeitgleich fanden seitdem verschiedene Initiativen statt, die den Sexismus in der Neuen Musik thematisierten; zu nennen ist hier vor allem die auf Anregung der Komponistin Ashley Fure auf den Darmstädter Ferienkursen 2016 gegründete Gruppe „Gender Relations in Darmstadt“ (GRID, später auch „Gender Relations in New Music, GRINM), die noch im gleichen Jahr eine statistische Auswertung der (durchgehend geringen) weiblichen Beteiligung an den Darmstädter Ferienkursen seit 1946 vorlegte. Während der Donaueschinger Musiktage wurde die Diskussion 2017 u.a. in einer vom Südwestdeutschen Rundfunk ausgestrahlten Podiumsrunde fortgeführt.Das Berliner Heroines of Sound–Festival findet bereits seit 2014 regelmäßig statt; im Februar 2018 widmete die Zeitschrift positionen der Thematik ein ganzes Heft.

Eine grundsätzliche und umfassende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik, die u.a. nach unterschwellig wirksamen, in der Tradition der Neuen Musik, aber auch der Performance Art im weiteren Sinne verankerten Diskursen, (Aufführungs-) Traditionen sowie entsprechenden ästhetischen Grundsätzen (wie z.B. der Bevorzugung des Geistes gegenüber dem Körper, des schriftlich niedergelegten Werkes gegenüber der Performance, strukturell komplexer, autonomer Musik gegenüber experimenteller oder Konzeptmusik) fragt, ist bislang – auch wenn bereits einige wichtige Initiativen und Impulse in dieser Richtung existieren – ein Desiderat. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass sich ‚Neue Musik‘ seit den 1950er Jahren (teilweise bis heute) häufig als betont sachlich und objektiv, mithin: körper- und geschlechtslos versteht und inszeniert. Zu fragen ist nach Ein- und Ausschlussmechanismen, die neben dem Geschlecht (sex und gender) auch, aus intersektionaler Perspektive, die Frage etwa nach sozialer Klasse und Schichtzugehörigkeit, Ethnizität oder Alter umfassen. Dabei gilt es zugleich, nach Orten, Regionen und Nationen zu differenzieren. Einen Schwerpunkt der Tagung wird der musikalische Diskurs der unmittelbaren Gegenwart bilden.
Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.

Das Symposium wird gefördert von der Mariann Steegmann Foundation, der Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und dem Zentrum für Geschlechterstudien der Universität Paderborn.

Das Programm:

Freitag, 6. Juli 2018
14:00 Vera Grund (Detmold) und Nina Noeske (Hamburg): Begrüßung und Einführung
14:15 Georgina Born (Oxford): On Gender, Electronic and Digital Music, and Sound Art Today: Lessons from the UK
15:10 Kaffeepause
15:30 Dörte Schmidt (Berlin): Ist das Männliche das Allgemeine? Musikerinnen und Musiker zwischen Abstraktion und Konkretion im Umfeld der Kölner/Darmstädter Avantgarde der 1950er und -60er Jahre
16:10 Gesa Finke (Hannover): Mehrfach zwischen den Stühlen. Kanonisierungsprobleme von Komponistinnen in der Neuen Musik am Beispiel von Tona Scherchen
16:50 Imke Misch (Hannover): Zwischen Bühne und Backstage. Musikerinnen im kulturellen Geflecht der Nachkriegsjahre: Yvette Grimaud, Marcelle Mercenier, Yvonne Loriod
17:30 Kaffeepause
17:50 Christa Brüstle (Graz): Minimal Music und Masculinity – Diskurse und ihre (Aus)Wirkungen
18:30 Vera Grund (Detmold): »…eine gewisse geistige Regression…«: Die Diskurse um Klangkompositionen als Körper-Geist-Konflikt
anschließend (ca. 19:30 Uhr) gemeinsames Abendessen

Samstag, 7. Juli 2018
10:00 Bastian Zimmermann (Berlin): Männlichkeitsperformances in Bildender Kunst und Musik der 80er/90er Jahre und heute
10:40 Anne Kohl (Bayreuth): A tool is a tool is a tool. Or is it? Einige Gedanken über die Bedeutung von Stereotypen und Vorbildern in der Neuen Musik
11:20 Kaffeepause
11:40 Elisabeth Treydte (Hamburg): »…das weckt den Argwohn« – Genderspezifische Überlegungen zu Komponist*innen der Gegenwart aus praxeologischer Perspektive
12:20 Tatjana Böhme-Mehner (Luxembourg): Das Kleid der Pianistin und der Pulli des Komponisten. Gender im kulturellen Kon- und Subtext des ästhetischen Diskurses um neue Musik
13:00 Mittagspause
15:00 Katarzyna Grebosz-Haring (Salzburg) und Simone Heilgendorff (Salzburg/Berlin): Zwischen Podium und Publikum: Gender-Proportionen in der zeitgenössischen (Kunst‑)Musik am Beispiel einer Publikums-Studie beim Festival d’Automne, Warszawska Jesień und Wien Modern 2014
16:00 Svenja Reiner (Osnabrück): Adorno says No. Neue Musik, Fans und Gender
16:40 Kaffeepause
17:00 Janina Klassen (Freiburg i. Br.): Mikros für Sirenen. Zur Hör- und Sichtbarkeit von Künstlerinnen elektronischer Musik
17:40 Monika Pasiecznik (Warschau): New Music and Sensual Pleasure in Neo Hülcker’s ASMR Serie
20:00 Konzert (bis ca. 21:30 Uhr)
Frauke Aulbert: Utopia Macramé. Interactive performance-lecture | Neo Hülcker: Neo Hülcker’s breaking of the voice – Konzert für Stimme im Stimmbruch | Julia Mihály: La Rinascità di Marlene

Sonntag, 8. Juli 2018
9:30 Ute Henseler (Berlin): Solo für Émilie. Kaija Saariahos jüngste Oper auf dem Prüfstand
10:10 Beatrix Borchard (Hamburg): »Ich versuche das Unmögliche und das gibt mir Kraft.« Adriana Hölszky – keine Frau, die komponiert: Nachdenken über Selbstdefinitionen, Wahrnehmungsmuster und Marktmechanismen
10:50 Stefan Drees (Berlin): »…absolute freedom, complete autonomy for my art…«: Olga Neuwirths Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Rolle von Künstlerin und Kunst
11:30 Kaffeepause
12:00 Andreas Holzer (Wien), Gordon Kampe (Hamburg), Julia Mihály (Frankfurt a. M.), Bettina Wackernagel (Berlin):

GenderTechnologien der Neuen Musik (Podium)

Moderation: Elisabeth Treydte

Musik: Chunyu Wu: Panik (2018) | Catalina Rueda: da-sein-fluch(t) (2018)
13:40 Schlusswort
14:00 Ende des Symposiums

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