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1950 - 1959

Die Ära Jarnach

Größte Musikhochschule der Bundesrepublik

In den 50er Jahren ist die Hochschule noch in mehreren, über die ganze Stadt verteilten und angemieteten Räumlichkeiten untergebracht. Für Prüfungskonzerte und sonstige Veranstaltungen muss jeweils die Kleine Musikhalle zusätzlich gemietet werden. Ungeachtet dieser unbefriedigenden Situation weist der erste Direktor, Philipp Jarnach, in einer Denkschrift von 1955 voller Stolz darauf hin, die Hamburger Musikhochschule habe im Wintersemester 1954/55 insgesamt 512 eingeschriebene Studierende und sei damit die größte Musikhochschule der Bundesrepublik einschließlich Westberlin. Diese Entwicklung  ist umso bemerkenswerter, als Hamburg die höchsten Studiengebühren der Bundesrepublik hatte. In den Folgejahren sollte die Hochschule diese Stellung behaupten, auch was die Dozentenzahl betrifft, die sich am Ende der 50er Jahre auf rund 100 beläuft.

Rege Konzerttätigkeit

Mehr als dieser statistische Erfolg zählen allerdings die künstlerischen Leistungen der Hochschule. Neben den allwöchentlichen „Studioabenden“, die hochschulintern stattfinden, intensiviert sich die öffentliche Konzerttätigkeit der Hochschule ab dem Wintersemester 1951/52. Am Ende des Jahrzehnts hat die Hochschule, abgesehen von den Studioabenden, insgesamt 108 repräsentative Konzerte, 12 Schauspielvorstellungen und 17 Opernaufführungen vorzuweisen. Großes Renommee bringen der Hochschule auch die Austauschkonzerte mit ihren Partnerinstituten. Zunächst finden diese nur innerhalb Deutschlands statt, so z. B. 1954 mit der Kölner Hochschule. Zunehmend aber richtete sich der Blick auch auf das Ausland, denn das Ziel heißt: internationale Präsenz. Im Studienjahr 1957/58 beispielsweise konzertiert die Hamburger Hochschule  in Antwerpen, Brüssel, Kopenhagen Stockholm, Helsinki und Wien.

Viele Auszeichnungen

Auch die Erfolge der Absolventinnen und Absolventen geben der Leitung Jarnachs und seinem Konzept recht. Die Hamburger Hochschule erhält in den 50er Jahren den größten Anteil der Musikstipendien, die die „Studienstiftung des Deutschen Volkes“ zu vergeben hatte. Die Liste der Auszeichnungen und beruflichen Erfolge, die die Hamburger Studierenden bis 1960 einfahren können, füllen sieben Seiten einer Festschrift, die zum zehnjährigen Bestehen an die Freunde der Hochschule verteilt wird. Die Begabungen, die Hamburg in jener Zeit hervorbringt, sind vielfältig und denkbar verschieden: In den Schulmusikabteilungen studierten beispielsweise Norbert Linke, Hermann Rauhe und Ernstalbrecht Stiebler, ihre Ausbildung in den Gesangsklassen erhielten Ursula Boese wie Iwan Rebroff (damals noch als Hans Rippert), und in der Schauspielklasse erwarb sich der junge Walter Giller die ersten Sporen.

Mehr Internationalität gefordert

Insbesondere aber wird die Forderung nach Internationalität eingelöst. Philipp Jarnach ist gewillt, seine Hochschule nicht nur zu einer der bedeutendsten künstlerischen Erziehungsstätten in Deutschland zu machen, sondern eine künstlerische Anziehungskraft über die deutschen Landesgrenzen hinaus zu entwickeln. Bei der Feier zur Eröffnung des Wintersemesters 1956/57 lässt er den Mendelssohnsaal des Budge-Palais mit kleinen Fahnen schmücken, die die 15 Länder, aus denen seine Studierenden kamen, symbolisierten, darunter, so Jarnach in heute nicht ganz politisch-korrekter Diktion „sogar Neger und Chinesen“. Als die Hochschule im Herbst 1957 erstmals internationale Meisterkurse veranstaltet, nehmen daran 57 ausgewählte Musikerinnen und Musiker aus neun Nationen teil.  Und gegen Ende von Philipp Jarnachs Amtszeit Ende 1959 befinden sich unter den 650 eingeschriebenen Studenten bereits 64 Ausländer, darunter besonders viele aus den USA. Als Philipp Jarnach im Oktober 1959 in Pension geht, hat er die Hamburger Musikhochschule in weniger als zehn Jahren fast aus dem Nichts tatsächlich auf Weltniveau gehoben.