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Plastik von Dan Richter-Levin

abstrakte Skulptur aus schwarzen Metallstäben
"Bühne der Erinnerung", Skulptur von Dan Richter-Levin

Bimat Sikaron – Bühne der Erinnerung

Anlässlich des Gedenktages zur Erinnerung an den Beginn der Deportation jüdischer Bürgerinnen und Bürger aus Hamburg am 25. Oktober 1941 realisierte Dan Richter-Levin im Jahr 1991 die Skulptur Bühne der Erinnerung (Bimat Sikaron).

Auf Initiative von Professorin Urte Clasing und weiteren Lehrenden wurde dieses Kunstwerk anlässlich der Umbenennung des Altbaus in „Budge-Palais“ von der Hochschule angekauft. In seiner Rede beim Festakt stellte der Künstler eine Verbindung zwischen dem Schicksal des Erbes von Henry und Emma Budge und seinem Werk her.

Zur Finanzierung wurde ein Benefizkonzert veranstaltet, bei dem Spenden gesammelt wurden. Heute steht die Skulptur im Eingangsbereich des Budge-Palais der Hochschule, lädt zum Gedenken ein und macht Erinnerung öffentlich sichtbar.


Typoskript der Rede von Dan Richter-Levin zur Einweihung der Skulptur "Bühne der Erinnerung"


Festakt

Hermann Rauhe, Leonhard Hajen, Urte Clasing und Dan Richter-Levin beim Festakt zur Einweihung der Skulptur “Bühne der Erinnerung”


Über die Skulptur

„Birma“ bezeichnet im Hebräischen die Bühne oder das Podium und bedeutet zugleich auch die Anhöhe – ein Ort, zu dem man hinaufsteigt: der Altar, der Grabhügel, das Grabmal. In der Synagoge ist dies jener erhöhte Ort, an dem die Tora gelesen wird. Die Bühne der Skulptur symbolisiert somit das Podium des Erinnerns. Die fünf gefüllten Rahmen können als Stufen verstanden werden – als Sinnbild für den Aufstieg der Toten zur ewigen Ruhe in Heiligkeit (wie es im jüdischen Totengebet heißt). Ebenso können sie die Seiten des „Buches des Lebens“ meinen, in das nach jüdischem Glauben zum Neujahrsfest die sittlich-religiöse Bilanz eines Menschen eingetragen wird: seine Schuld und Sünde, aber auch seine Gläubigkeit, Sittlichkeit und Wohltätigkeit.

Die Form des „Rahmens“ ist ein zentrales, wiederkehrendes Motiv in den plastischen Arbeiten des Künstlers. Rahmen begrenzen, fassen ein, sie lenken den Blick auf das, was innerhalb ihrer Grenzen sichtbar wird – und machen zugleich bewusst, was ausgegrenzt bleibt. Eine Rahmung fordert heraus: Sie kann Orientierung geben, zum Innehalten anregen oder gar zum Zerbrechen auffordern. Rahmen gehören zum Leben – hat man einen gesprengt, ist oft schon der nächste da. Darüber hinaus tragen sie eine symbolische Bedeutung: Politische, soziale und kulturelle „Rahmenbedingungen“ prägen unsere Wahrnehmung, sie können einschränken, aber auch Schutz und Halt bieten.

Indem die unterschiedlichen Rahmenformen zu einer raumgreifenden, verschachtelten Gesamtkonstruktion gefügt werden, verweisen sie auf die Vielfalt möglicher Standpunkte und Perspektiven – und fordern dazu auf, die eigene Position im Raum immer wieder neu zu überdenken.

„Für mich sind Rahmen Tore, die in Skulpturen hinein und aus ihnen herausführen. Dem Betrachter eröffnen sich Räume, Perspektiven und Bezüge, durch die es möglich wird, in die gedankliche Welt der Skulptur einzudringen. Es liegt darin eine Aufforderung, etwas zu erfahren. Die Erfahrung jedoch hängt unmittelbar von der Bereitschaft und Möglichkeit des Betrachters ab, die gedanklichen Belange der Skulptur aufzuspüren. Ohne die emotionale Beteiligung des Betrachters steht der Kaiser ohne Kleider da.“ (Dan Richter-Levin)


Dan Richter-Levin (1926-2015) – Arzt, Bildhauer und Maler

Dan Richter-Levin wurde 1926 in Tel Aviv geboren, als Sohn von Jacob Richter, einem aus Deutschland eingewanderten Intellektuellen, und Anya-Esther Levin, Tochter des bekannten zionistischen Politikers Shmaryahu Levin. Ein prägender familiärer Einfluss war sein Onkel, der dadaistische (Film)-Künstler Hans Richter.
Schon in jungen Jahren zeigte er ein Interesse an Kunst, das jedoch zunächst im Hintergrund blieb. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Fahrer im Pionierkorps der britischen Armee, dass der Jüdischen Brigade zugeordnet war, und kämpfte in Italien gegen den Nationalsozialismus. Diese Erlebnisse sowie die Erfahrung der Shoah prägten seine Haltung zur Erinnerungskultur tiefgehend.
Nach dem Krieg begann er ein Medizinstudium in der Schweiz und beendete es in London. Er wurde Chirurg und war über zwanzig Jahre lang Leiter der urologischen Abteilung des Rambam Medical Center in Haifa. Zeitgleich entwickelte sich seine künstlerische Arbeit, die er ab den 1950er Jahren verfolgte – ohne eigentlich formale Ausbildung.
Seine frühen Werke – Ölgemälde, Collagen und Druckgrafiken – basierten auf Fotografien. Ab den 1960er Jahren wandte er sich zunehmend der Skulptur zu. Er schuf abstrakte Werke aus Holz, Metall, Stoffen und Wellpappe, oft aus ausrangierten Materialien. Diese Assemblagen und Plastiken thematisieren „Rahmen“ – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne – als Symbol für Begrenzung, Schutz und gesellschaftliche Ordnung.

Dan Richter-Levin lebte bis zu seinem Tod 2015 in Haifa, hielt sich aber regelmäßig in Deutschland auf, wo viele seiner Werke ausgestellt und geschätzt wurden. 


Andere Werke von Dan Richter-Levin